Wir gehen zu selten ins Museum... Fast jeder von uns dürfte diesbezüglich ein mehr oder minder schlechtes Gewissen haben. Keine Sorge! Ich will hier niemandem ein noch schlechteres Gewissen machen, zumal ich selbst nicht zu den Ausnahmen gehöre. Doch, wohl gemerkt: Ich rede hier von den Museen, nicht von Einzelausstellungen, also von den sog. Dauer-Ausstellungen.
Einzelausstellungen vermögen uns alle hin und wieder in die v.a. namhaften Institutionen zu locken - mich 2003 sogar nach Bonn zu den "Azteken". Aber würde ich in Bonn Halt gemacht haben, um die ständigen Exponate eines Museums zu betrachten? Wohl eher kaum, denn ich war auf dem Weg nach Köln, und dort gibt es bekanntlich auch immer einiges zu sehen und zu erleben... Ganz ähnlich, wenn nicht gar viel ärger ist es um die heimatlichen Museen bestellt. Wir fahren in die Welt hinaus, was jedoch vor der eigenen Tür ist, wissen wir nur bedingt. Wer Ägyptologie studiert hat oder sich dafür besonders interessiert, läßt die Archäologie des eigenen Landes gerne links liegen. München beispielsweise besitzt eine hervorragende ägyptische Sammlung. Eigentlich nur einen Fußmarsch entfernt befindet sich die Archäologische Staatssammlung (Lerchenfeldstraße 2), mit dem Bus, der Trambahn oder der U-Bahn ebenfalls recht leicht zu erreichen. Besucht man sie, hat man wirklich Ruhe, um die Stücke aus der v.a. süddeutschen Vorgeschichte zu studieren. Man ist fast allein. Und so dürfte es in ganz Deutschland aussehen.
Mein Anliegen war es von jeher, über den eigenen Horizont hinauszuschauen. Mein Anliegen ist diesmal leider mehr als ein "Ägypten-Fans vereinigt Euch und stürmt die Archäologischen und Prähistorischen Sammlungen!"
In Bayern und wohl ebenso in anderen Bundesländern werden die Gelder nicht nur für die Universitäten und die geisteswissenschaftlichen Fächer wie Ägyptologie und alle anderen Archäologien gekürzt. Die Streichungen betreffen auch die Denkmalämter. Jene Denkmalämter, denen auch die Aufgabe der Erhaltung von sog. "Bodendenkmälern" zukommt. Mancher mag denken, dieses Amt würde sich damit beschäftigen, ob nun ein mehr oder minder ansehnliches Jugendstil-Haus abgerissen werden darf oder nicht. Das stimmt schon. Doch es ist auch eine Aufgabe des Denkmalamtes einzugreifen, wenn bei der Erschließung eines Baugebietes plötzlich uralt scheinende Tonscherben auftauchen. Aber: So mancher Landkreis ist längst ohne einen Archäologen, und selbst an den Denkmalämtern dürften sie mittlerweile rar geworden sein. Zumal diese Stellen seit Jahren konsequent weggekürzt wurden! Und nun wird selbst an den Ämtern selbst gespart. Ein Beispiel: Das Denkmalamt in Landshut muß nun nach Regensburg umziehen (obwohl das ein ganz anderer Landkreis bzw. sogar Regierungsbezirk ist!). Dort hat man allerdings zuvor die entsprechenden Räume gekündigt... Das bedeutet mehr als eine personelle Umstrukturierung und letztliche Einsparung (da beim besten Willen nicht alle täglich nach Regensburg fahren können, insbesondere behinderte Angestellte). Das bedeutet auch Ignoranz gegenüber dem geschichtlichen Erbe der Region. Es geht eben nicht nur um das Jugendstil-Haus um die Ecke sondern auch um Funde aus einer Zeit von der Eiszeit bis zu den Römern. Niederbayern, wo sich Lanshut und Regensburg befinden, hat wohl die höchste Dichte an Fundstätten in Deutschland. Das bezieht keltische Viereckschanzen ebenso ein wie steinzeitliche Kreisanlagen, von denen wenig mehr erhalten ist als ihr "Abdruck" im Boden, nch ungestörte Hügelgräber wie römische Kastelle. Wer kümmert sich um sie, nachdem die Luftbild-Archäologie mittlerweile als "eingestellt" gilt (wohl aber nach mittlerweile veröffentlichten Fotos Raubgrabungen durchgeführt werden!)? Wen kümmern die alten Scherben, die auf einem Acker liegen und allenfalls von eBay-Anbietern aufgelesen werden?
Die Bewahrung des geschichtlichen Erbes kann man nicht nur in die Hände von Vereinen legen, so verdienstvoll und vorbildlich die Arbeit beispielsweise des Archäologischen Vereins in Freising ist. Privatpersonen wie die wenigen Archäologen, die ihnen zur Seite stehen, brauchen die Betreuung durch den Staat. Natürlich wird Geld benötigt, sei es zur Finanzierung der Archäologen, die schließlich auch für ihre Arbeit entlohnt ("belohnt"!) werden sollten, oder zur Ermöglichung einer Grabung, die allzu häufig eine Notgrabung ist (zur Aufnahme einer Fundsituation, die sofort danach durch den Bagger zerstört wird, weil wieder ein Gewerbegebiet oder eine Neubausiedlung entsteht). Vor allem anderen braucht es jedoch Leute, denen die Zeit und das Geld zur Verfügung steht, ein Auge auf die Viereckschanze und die Kreisanlage und die Scherben im künftigen Baugebiet zu haben.
Daß uns allen daran gelegen ist, können wir aber auch dadurch zeigen, wenn wir uns nicht nur für das allmächtige Ägypten interessieren und nur die Sammlungen altägyptischer Kunst besuchen. Wir ("wir Deutschen") sind bereits auf einem guten Weg, nachdem der Fund der Scheibe von Nebra die Neugier an den heimischen Funden gesteigert hat. Jetzt ist es an uns allen zu zeigen, daß man die altägyptische Geschichte und die heimische durchaus zusammen sehen kann und muß. Vielleicht gibt es Beziehungen zwischen Ägypten und Nebra, vielleicht nicht. Doch in Ägypten wie in Nebra haben um 1600 v.Chr. Menschen gelebt, und es gilt, ihr aller Erbe zu bewahren!
Neuestes
Highlight der Archäologie in Deutschland:
Die Scheibe von Nebra
(Der unterste Bogen soll eine Himmelsbarke darstellen,
was an die ägyptische Sonnenbarke erinnert!)
7. Januar
2004
Christine Fößmeier
Ich freue mich über Nachrichten und Hinweise und werde auch Anmerkungen gerne veröffentlichen! Kurzmitteilung bitte an egyptomania3000@aol.com. Danke!
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